April 2020: Äthiopien / Durame: Sonnengesang des Abel Yonas

Leben aus der Quelle gibt mir Hoffnung und Kraft

ein Text zu Ostern  von unserem PBF-Verantwortlichen in Südäthiopien

Abel Yonas studiert zur Zeit in Bielefeld Soziologie  dank einem Stipendium der KAAD. Seit einem guten Jahrzehnt ist er aktiv in der Stiftung tätig, vor allem in Durame, dann aber auch mit dem Engagement von PBF für die auf den Strassen lebenden alten Menschen (VDI) in Addis Abeba. Er schreibt hier auch für die Menschen in seiner Heimat.

Hier in Deutschland bricht der Frühling hervor, anders in meiner Heimat, wo jetzt Regenzeit ist. Felsen, Flüsse bringen viel Wasser, und wer es geschenkt bekommt, trinkt  den Frühling in sich hinein. Menschen dürfen ihren Durst stillen, sich erfrischen und neue Energien spüren. Das erfahre ich hier anders als in meiner Heimat.

Doch auch dort erhalten die Menschen Wasser für ihren Lebensunterhalt. Diese Zeit wäre für Millionen von Menschen eine  lebenspendende Quelle, gerade für jene, die keinen Zugang zu modernen und sauberen Pipelines oder gar zu Mineralwasser haben. Ich lebe jetzt in einem hochindustrialisierten Land. Ich erinnere mich wie mein Bruder Yossy, wie meine betagten Eltern, die Dorfbewohner von Doano vor wenigen Tagen von PBF einen neuen Brunnen erhielten. Wie gerne wäre ich dort dabei!

Ab und zu trinke ich hier in Gesellschaft Mineralwasser.  Die Berge in Europa ermöglichen hochwertiges gesundes Wasser.  Auch wir kennen «Highland-Mineralwater». Nur wenige wollen und können es sich leisten.

Zurück zur Quelle, dem Ursprung! Sie «nährt» unser kleines Dorf,  das kleine Bächlein erreicht irgendwo  einen grossen Fluss, es bleibt nicht stehen, wird zunehmend zur Lebensquelle für die biologische Vielfalt. Wer im täglichen Stress steht, in der Routine des Alltags, vielleicht langweilig und fast verzweifelt, möge zu den Quellen zurückfinden und seinem Leben neue  Beachtung schenken.  Der harte Fels wird zum Bild für das eigene Leben wo immer, die aus ihm sprudelnde  Quelle  eine hoffnungsvolle Erfahrung werden kann für eine neue Schöpfung. Ich erinnere mich an die grünen Wiesen in Doano, höre die Vögel singen in unseren Wäldern, tanke  daraus neue Energie für meine Studienzeit. Ich denke an meine Familie, meine Kinder in Durame, «sehe» die Frauen und Mädchen mit ihren Wassereimern auf den Rücken gebunden oder auf dem Kopf balancierend. Sie brauchen es für ihren Haushalt, für ‘s Kochen, zum Trinken, ohne Wasser gäbe es für sie alle kein Leben. Es ist für mich in dieser Zeit hier wichtig mich erinnern zu können an ihre grosse Dankbarkeit, nichts ist einfach selbstverständlich.

Diese Gedanken verbinde ich mit Ostern, dem grossen Fest des Dankens. In meinem Land wird es  in der Orthodoxen Kirche eine Woche später gefeiert. Die Menschen haben sich durch ein strenges Fasten während vielen Wochen darauf vorbereitet. Fasika heisst das Fest in unserer Sprache Amharisch.  Es ist das Hauptfest der christlichen Kirche.  Nach der Kreuzerfahrung kommt die Auferstehung. Das gibt mir Kraft – auch in diesem Jahr. Zuhause war ich seit früher Kindheit sehr aktiv dabei in den Gottesdiensten, die sehr lange dauerten und feierlich gestaltet werden. In diesem Jahr ist bekanntlich alles anders.

Aus der Heiligen Schrift sind mir manche Texte bekannt, die vom «Wasser» sprechen, doch die Worte Jesu, die er am Brunnen zur Samariterin, einer «Fremden» sagt,  und ihr verspricht «lebendiges Wasser»  zu geben, berühren mich in diesem Jahr ganz besonders. Wer dieses Wasser trinkt, das ich ihm gebe, wird niemals Durst haben. Es wird in ihm zur Quelle, die zum ewigen Leben  führt (nach Johannes 4,14).

Esist hier nicht meine Absicht das Wasser zu «erklären» oder gar über Ostern zu «predigen», sondern hinzuweisen auf den Sinn unseres Lebens – hier in Europa oder in meiner Heimat. Dort ist es zur Zeit sehr warm, hier haben wir den Winter hinter uns. Wir kennen bei uns sehr trockene Zeiten, ohne Niederschlag, das Wasser wird sehr kostbar und fehlt uns oft, manches in der Natur stirbt ab. Auch daran will ich mich erinnern. Es ist eine Art Karfreitag. Doch jetzt ist Regenzeit in Äthiopien, eine Art Sommer. Früher gab es übrigens noch viel  mehr Wasser als heute. Die globale Erderwärmung und der Klimawandel stellt uns vor unendlich grosse Probleme. Dazu kommt das Bevölkerungswachstum…Wie lange werden wir in unserem Dorf genügend Wasser haben? Das sind Fragen mit denen ich mich hier an der Universität befasse.  Ich bin dankbar, dass ich mit dem Osterfest eine grosse Hoffnung verbinden kann für unser sehr armes Volk. Seit über zehn Jahren gehöre ich zu PBF, verdanke der Stiftung mein ganzes Studium,  und versuche mich zusammen mit meinem Bruder Yossy zu engagieren für Veränderungen verschiedener Art, damit Ostern Jahr für Jahr eine reale Wirklichkeit wird.

Frohe Ostern und Gottes Segen

Abel

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