Die Fuga: Ein sozial ausgegrenzter und wirtschaftlich entrechteter Volksstamm im Südwesten Äthiopiens
PBF steht mit den Fuga in Kontakt, seit Beatrice Gill vor einigen Jahren auf ihrer Reise nach Wolaita eine Begegnung mit ihnen hatte. Der 26-jährige PBF-Student Getachew Sale hat ebenfalls in der Boditti Region die Fuga besucht. Getachew promoviert an der Südäthiopischen Universität in Hawassa im Fach Ernährungswissenschaft. Aufgrund seiner humanitären und religiösen Interessen an dieser Volksgruppe entwickelt er ein großes persönliches Interesse am Leben der Fuga.
Nach seinem ersten Besuch vor einigen Wochen hat Getachew Sale eine Beschreibung der Lebensweise und der Geschichte der Fuga verfasst. Bei Jahresanfang stand wiederum ein Besuch an. Weitere Einzelheiten werden demnächst auf der Website veröffentlicht.
Das Volk der Fuga
Hintergrund:
Viele afrikanische Volksgruppen haben kastenlose berufliche Minderheitengruppen unter ihrer Herrschaft gehalten. In ganz Äthiopien gibt es spezialisierte traditionelle Handwerker, auch Frauen, die seit langem in verschiedenen Berufen wie Schmieden, Töpfern, Gerben, Weben und Holzbearbeitung tätig sind. Zu diesen Gruppen gehören Serategna und Wayto bei den Amharen, die Waata bei den Oromo, die Manjo bei den Kafa und die Fuga in Kambata und Wolayita. Diese Berufsgruppen aus niedrigen Kasten übernehmen in der Gesellschaft lebenswichtige Aufgaben, die sie als Pflichtaufgaben erfüllen. Ihr berufliches Engagement konzentriert sich auf die Herstellung von Gegenständen, die für die übrige Bevölkerung als lebenswichtige und unentbehrliche Dienstleistung unerlässlich sind.
Geschichte der Fuga:
Die Fuga (sg, Fugicho) stellen die unterste Schicht dar, die in der Kambata- und Wolayita-Zone von der Töpferei lebte, und gehören zu den Ureinwohnern des südwestlichen Hochlands der Region. Obwohl sie die Eingeborenen sind, werden sie politisch, kulturell, wirtschaftlich und sozial am stärksten diskriminiert und sind aufgrund ihrer Stammesidentität und Lebensweise einem niedrigen Lebensstandard und einigen unmenschlichen und unwürdigen Stigmata ausgesetzt. Ihr tägliches Brot verdienen sie in der Regel mit der Herstellung und dem Verkauf von Töpferwaren oder als Tagelöhner. Sie sind landlose, völlig verachtete Gemeinschaften. Sie bieten Produkte an, die anderswo nicht erhältlich sind, haben aber trotzdem einen sehr niedrigen Status in der Gesellschaft. und leiden unter der harten Behandlung durch die Mehrheitsgruppen, unter denen sie leben und denen sie dienen. Selbst die Regierung verweigert ihnen jegliche soziale, wirtschaftliche oder politische Vertretung oder Rechte.
Während der Zeit von Kaiser Minilik II. wurden sie von der regionalen Verwaltung als andere ethnische Gruppen anerkannt, erhielten Unterstützung bei der Schaffung einer eigenen Identität und eines eigenen Selbstbewusstseins, um so eine selbstverwaltete Gemeinschaft zu werden. Während der zweiten italienischen Invasionsperiode wurden Fuga-Älteste bezeichnet und zu Häuptlingen der Fuga-Gemeinschaft beauftragt. Dies geschah in den Gebieten Gurage, Hadya und Kambata. Diese positive Politik gegenüber diesen Gruppen wurde jedoch nach der Befreiung Äthiopiens nicht fortgesetzt.
Aktueller Status:
Ihr Schicksal wurde weiterhin von der jeweiligen landbesitzenden Familie bestimmt. Sie hat jeder Fuga-Familie ein Stück Land zur Bearbeitung überlassen. Doch erst nach der äthiopischen Revolution von 1974 konnten alle Fuga-Familien mit der Gesetzesbestimmung «Land an den Pflüger» eigenes Land besitzen. Danach waren einige Fuga in der Lage, eigene Dörfer zu gründen, in denen sie zumindest wohnen konnten. Bis heute wird der soziale Status der Fuga-Familien jedoch als minderwertig beschrieben, und sie werden diskriminiert und von der bäuerlichen Bevölkerung getrennt gehalten, da ihnen der Zugang zu wichtigen Ressourcen wie Land und Vieh verwehrt sind und sie sich meist auf ihre handwerklichen Tätigkeiten beschränken müssen. Infolgedessen haben sie eine zweideutige Doppelposition inne: einerseits eine wirtschaftlich und rituell wichtige Rolle, andererseits einen sozial ausgegrenzten und unterprivilegierten Status.
Die Verbesserung der Lebensstruktur dieses Volksstammes ist ein längerfristig geplantes Projekt von PBF unter der Leitung von Getachew Sale.