Oktober 2021: Äthiopien: Aus der Diskriminierung zur höchsten Auszeichnung

Aus der Diskriminierung zur höchsten Auszeichnung – der Weg  von Eyerusalem Demoz Yohanis

Die Zenebework-Gemeinschaft war von Anfang an einzigartig und speziell, denn dort wohnten hauptsächlich Leprakranke. Auch Familienangehörige ehemaliger Leprapatienten ziehen noch immer dorthin, so hat sich manches geändert. Jetzt leben auch Menschen mit anderen Behinderungen an diesem Ort. Die Gemeinde war viele Jahre lang stark stigmatisiert und wurde von ihrer Umgebung oft diskriminiert. Den hier lebenden Menschen war jeglicher Kontakt mit anderen gesellschaftlichen Gruppen untersagt, auch mit Ausländern. Den Mitgliedern der Zenebework-Gemeinschaft wurde sogar das Recht verweigert, Vieh zu züchten oder andere kleine Geschäfte zu betreiben, um ihren Lebensunterhalt zu sichern, da eine Übertragung der Krankheit auf andere gesunde Leute befürchtet wurde.

Dies hat sich jedoch in letzter Zeit etwas geändert, und es gibt heute weniger Vorurteile als früher. Auch wenn sich der Trend verändert hat, werden die Menschen in der Leprakolonie immer noch oft als minderwertig angesehen. Es gibt noch viel zu tun zur Sinnesänderung. Ihr Lebensunterhalt ist abhängig vom Betteln und vom Einsammeln von Lebensmitteln auf der Müllhalde. Sie werden stark ausgegrenzt und dürfen nicht in anderen Gesellschaftsgruppen leben.

Die Eltern von Eyerusalem Demoz sind leprakrank und aufgrund ihrer Krankheit schwer behindert. Wie viele andere  wurden sie im Kindesalter aus ihrem Geburtsort vertrieben und leben in der Leprakolonie in Addis Abeba. Eyerusalm wurde am 18. Dezember 1992 in Addis Abeba, in der Nähe der Mülldeponie geboren. Sie wuchs dort auf mit ihren Eltern. Ihr Vater, Demoz Yohanes, ist arbeitslos und ihre Mutter, Setechegn Worku, ist Kassiererin in einer kommunalen Organisation mit einem geringen Lohn. Eyerusalem hat zwei Schwestern: Kalkidan studiert im fünften Jahr Maschinenbau und Znash hat gerade ihren Abschluss im Bereich Buchhaltung gemacht, ist aber derzeit arbeitslos.

Eyersusalem besuchte die Primarschule in Abune Basiliyos, dann die Sekundarschule in Ewket Lefre und in Ayer Tena, wo sie sehr gute Zeugnisnoten erzielte. Beim Abschluss der High School erhielt sie ein ausgezeichnetes Resultat und besuchte darauf die Semera University, eine staatliche Universität, um ihren Lebenstraum zu verwirklichen. Sie wurde auch an der Universität diskriminiert, man wollte sich nicht mit ihr unterhalten. Sie war frustriert und konnte kaum richtig am Unterricht teilnehmen.

Eyerusalem beschloss deshalb, ihre Ausbildung abzubrechen und sich ihrer Familie und ihrer eigenen Gesellschaft wieder anzuschließen. Es war dies der einzige Ort, an dem sie sicher war. Ihre Eltern akzeptierten ihre Entscheidung und sie begann, bei ihnen zu leben, ohne Arbeit oder gar Weiterbildung.

Ihrem Vater wurde ein Bein amputiert und wurde ins Alert Hospital eingeliefert. Fisseha Getahun, war damals angestellt in leitender Position bei der   Addis Ababa Leprosy Affected People Rehabilitation Association. Er traf den Vater und erzählte ihm von ihren Familienproblemen. Fisseha war damals auch führend bei PBF.

Durch seine Vermittlung erhielt Eyerusalem Unterstützung von der Bachmann-Foundation und besuchte ein privates College in Addis, wo die Diskriminierung minimal ist. Sie war sehr glücklich über diese neue Chance, denn sie sagte, sie fühle sich wie neu geboren. Sie schrieb sich ein am Kea Med Medical College ein, um einen Bachelor in Krankenpflege zu absolvieren. PBF hat die Studiengebühren und die monatlichen Lebenskosten bezahlt. Sie sagte: «Als ich mich am College einschrieb, kamen mir zwei Dinge in den Sinn: Erstens, wie kann ich meine Fähigkeiten beweisen gegenüber PBF und gegenüber meinen früheren Kolleginnen, die mich damals diskriminierten? Das hat mich wirklich stark gemacht und ich habe fleissig studiert – vielen Dank an PBF». Schließlich verwirklichte  sie erfolgreich ihren Traum, indem sie mit einem Notendurchschnitt von 4,00/4,00 die allerbeste Note in der ganzen Geschichte des Kea Med Medical College erreichte, und zwar  von allen drei Campus. Eyerusalem wurde mit einem GOLD CUP und einer GOLD MEDAILLE ausgezeichnet. Sie sagte mit Nachdruck, dass sie von PBF in ihrem College-Leben in jeder Hinsicht unterstützt wurde. Dies hat ihr und ihrer ganzen Familie sehr geholfen. Ohne die regelmässigen Zuwendungen von PBF wäre weder ihre Ausbildung noch ihr aussergewöhnlicher Erfolg denkbar.

Ihr Traum ist es, ihre Ausbildung im Gesundheitsbereich zu erweitern, um den am meisten ausgegrenzten Menschen wie Leprakranken, gefährdeten Kindern, Senioren und Menschen mit Behinderungen von Herzen selbstlos zu dienen.  Sie glaubt, dass niemand ausser ihr diese Menschen besser versteht. Sie sagte: «Ich bin so dankbar, wenn ich weiterhin durch eine Organisation wie PBF bei meiner Weiterbildung unterstützt werde. Teaching Me is Teaching the Leprosy Affected Family. Ich wollte schon immer den Menschen in meinem Land dienen, was durch noch bessere Kenntnisse auf diesem Gebiet möglich ist. Mein Traum ist es, Allgemeine Chirurgie zu studieren. Die Krankenpflege ist mein erster Schritt auf diesem Weg. Es ist meine Absicht diesen Weg weiter zu gehen, weil ich so den Menschen buchstäblich helfen kann, weiterzuleben. Ich möchte später auch schwierige Operationen versuchen und so beitragen das Niveau der Chirurgie in meinem Land anzuheben.»

Sie sagte weiter: «Vielen Dank an PBF für die uneingeschränkte Grosszügigkeit. Sie allein ermöglichte es mir, meine Ziele und Träume zu verwirklichen. Ich hoffe, dass ich eines Tages in der Lage sein werde, etwas zurückzugeben und andere Studierende zu ermutigen, vor allem jene, die kaum Chancen haben und denen die gesellschaftliche Sicherheit und Anerkennung fehlen.

Eyerusalem Demoz Yohanis  (mit Fisseha Getahun)

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