Juli 2021: Kenia / Nairobi, Mathare: Paul, der Lehrer «ohne Abschlusszeugnis»

Paul,  der Lehrer ohne «Abschlusszeugnis»

Mein Name ist Paul Otieno Onyach, geboren in Kisumu County, Manyatta Slums. Meine Eltern lebten in Kisumu vor ihrem plötzlichen Tod, der dazu führte, dass sie mich im Alter von neun Jahren als Waise zurückliessen. Zusammen mit meiner jüngeren Schwester zogen wir in unser Dorf in Kokwanyo, Kreis HomaBay, wo ich die Grundschule besuchte. Ich habe meine Prüfungen sehr gut bestanden und mich für eine gute Provinzschule qualifiziert, aber ich konnte das Schulgeld nicht aufbringen und wusste daher, dass mein Bildungsweg keine Zukunft hat.

Glücklicherweise bekam ich Verständnis von einem örtlichen Sekundarschulleiter, der mir die Chance zum Weiterlernen gab. Ich arbeitete frühmorgens bei Bauern, um etwas Geld für die Finanzierung der Grundschule zu haben. Dann habe ich es geschafft, wenigstens eine durchschnittliche Note zu bekommen, trotzdem konnte ich kaum weitermachen.

Später, nach meiner High School, reiste ich nach Nairobi City, landete in den Slumgebieten von Mathare und versuchte, Arbeit zu finden, um so wenigstens meine Grundbedürfnisse zu decken. Ich hatte überhaupt nichts und kannte auch niemanden in der Stadt. Die grösste Herausforderung bestand darin, einen Menschen zu finden, der mich aufnehmen konnte. Ich war erst 16 Jahre alt und konnte keine sinnvolle Anstellung bekommen, da ich minderjährig und auch noch zu jung war. Schliesslich habe ich mir eine Stelle an einer kleinen «privaten» Schule in den Slums als Lehrer für Rechnen verschafft, wo ich wenigstens etwas verdienen konnte. Es waren zehn Dollar monatlich.

Später bekam ich Hilfe von Kollegen. Sie halfen mir zu einer «Geburtsurkunde», um überhaupt einen national anerkannten Personalausweis zu erhalten. Dieser ermöglichte es mir, einen Job als Aufseher zu bekommen.

In diesem neuen Job entschied ich mich für die Nachtschicht, um weiterhin Slumkindern Rechenunterricht erteilen zu können. Dies half mir zu grösserem Selbstvertrauen, doch was ebenso wichtig war, ich konnte so mein kleines Watchman-Gehalt aufbessern.

 

Kinder und Eltern schätzten meine Arbeit und ich begann, einigen Kindern nach der regulären Schule Nachhilfeunterricht zu geben, damit sie ihre Noten in Mathematik verbessern konnten.

Der für die Ortskirche zuständige Pfarrer bot mir die Möglichkeit, in seinem Kirchengebäude eine Slum-Schule zu eröffnen. So habe ich die Page Vision School für Slumkinder in Mathare gegründet. Die  Eltern sind so arm, dass sie die Anforderungen der öffentlichen Schulen wie Schulbücher und Schuluniformen gar nicht erfüllen könnten.

Durch diese Schule und meine Gemeindearbeit allgemein lernte ich George Orimba vom One World Network kennen, der meine Schule mit Mitteln der Peter Bachmann Stiftung unterstützt.

Seither hat sich viel zum Besseren verändert. Wir erhalten seit eingen Jahren Hilfe für unser Ernährungsprogramm, Hygieneartikel für unsere Mädchen im Teenageralter und Sportkleidung und -material für unsere Kinder.

Vor einigen Jahren war Felix Bentrup in Kenia, als zeitweise Freiwilliger der PBF. Er stellte seinen Eltern unsere Arbeit vor. Diese haben für uns zwei Klassenzimmer erstellen lassen. Mit der regelmässigen Hilfe von PBF haben wir in diesem Jahr gemeinsam mit George  eine neue Schule – ausserhalb von Mathare – erstellt. Sie hilft uns, die Auswirkungen von Covid 19 zu bewältigen, da unser früherer Unterrichtsort völlig zerstört war.

Persönlich möchte ich der PBF für jede Hilfe danken, die wir für unser Team in Mathare erhalten. Ich wünsche, dass ich über ein ordentlich abgeschlossenes Studium meiner Gemeinschaft von Mathare in Zukunft noch besser dienen kann.

Paul Onyach, Mathare

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