Juli 2021: Kenia/Nairobi: Die Geschichte von Patrick Odhiambo Owino

Von den Straßen zu den Universitätshörsälen und wieder zurück auf die Strasse

Mein Name ist Patrick Odhiambo Owino aus Kenia. Ich wurde im Bezirk Ugenya geboren, der im Bezirk Siaya liegt. Ich komme aus einer Familie mit fünf Geschwistern, wo ich der Jüngste bin. Wir haben dieselbe Mutter, aber verschiedene Väter. Meine Mutter starb, als ich fünf Jahre alt war, und deshalb weiss ich sehr wenig über sie.

Ich wurde von meiner Grossmutter erzogen. Aus finanziellen Gründen hat keines meiner Geschwister jemals eine Schule besucht. Auch meine Oma starb früh in meinem Leben und wir mussten bei unseren Verwandten Zuflucht suchen.

Als ich zehn Jahre alt war, wurde ich von einem unserer Verwandten zu ihnen nach Nairobi gebracht. Damals begann ich in einer Kinderkrippe und dem Kindergarten. Obwohl es altersmässig spät war, ging alles gut, bis ich in der dritten Klasse war. Dann wurde es immer schlimmer. Die Misshandlungen, die ich von meinem Verwandten erfuhr, veranlassten mich, die Schule abzubrechen und auf den Strassen von Nairobi zu leben. Dort war es jedenfalls viel besser im Vergleich zu den Schwierigkeiten, die ich im Haus meiner Verwandten erduldete. Ich blieb fast zweieinhalb Jahre auf der Strasse.

Unerwartet traf ich 2005 auf eine Gruppe anderer Kinder, die mich überredeten, sie zu einem von der örtlichen Kirche betriebenen Strassenkinderzentrum zu begleiten. Dort traf ich im St. Benefict Street Children Center, das von katholischen Missionaren aus Deutschland betrieben wird, den Sozialarbeiter Dan Amolo. Ich war darauf ein Jahr lang in einem Rehabilitationsprogramm eingeschrieben, bevor ich in ein Internat aufgenommen wurde, weil ich ja keine Familie oder Verwandten hatte, bei denen ich hätte bleiben können.

Seit dieser Zeit habe ich nie mehr zurückgeschaut, sondern mich immer nur auf meine Ausbildung konzentriert. Ich habe 2010 meine Grundschulausbildung abgeschlossen und so gut bestanden, dass ich in eine Bezirksschule in Meru aufgenommen wurde. Das Zentrum in Nairobi zahlte einen Teil meiner Gebühren und die Schule gab mir auch ein Teilstipendium aufgrund meiner guten Leistungen.

Meine Sekundarschule schloss ich im Jahr 2013 ab und bin danach in mein früheres Leben in den Straßen von Nairobi zurückgekehrt. Als schliesslich meine Ergebnisse bekannt wurden, war ich froh, die Durchschnittsnote von B+ erhalten zu haben. Der Eintritt in ein College war nicht so einfach, da meine Sponsoren mir sagten, dass sie bisher ihr Bestes getan hätten, um sicherzustellen, dass ich die erforderliche Grundausbildung erhielt. Ich musste nach anderen Wegen der Finanzierung meiner Hochschulausbildung suchen. Dies führte dazu, dass ich mich für eine Lehrtätigkeit bei der ehemaligen Sekundarschule bewarb. Man hiess mich dort sehr willkommen. Ich wurde beauftragt, die Fächer Mathematik und Physik zu unterrichten. Der Lohn betrug 2500 Kenyanschilling  (25 USD) pro Monat. Davon habe ich etwas gespart, weil ich wusste, dass das Studentenleben an der Universität schwierig ist. Bei der Regierung habe ich mich dann um ein Hochschuldarlehen beworben. Durch Gottes Gnade wurde mein Antrag angenommen und ich erhielt ein Darlehen, obwohl es nicht ausreichte, um mich an der Taita Taveta Universität vollständig durchzuschlagen. Ich war oft gezwungen, dem Unterricht fern zu bleiben, um Gelegenheitsarbeiten nachzugehen, damit ich mich wenigstens selbst ernähren konnte.

Meine Situation verschlechterten sich und irgendwann überlegte ich, abzubrechen, doch ich machte weiter, bis ich 2018 mit dem Examen Upper 2nd BSc Statistics (Pure Maths) graduiert wurde.

Doch seit meinem Abschluss ist für mich nicht alles gut gelaufen:  die Suche nach einer Anstellung gestaltete sich als sehr schwierig. Ich habe mich für mehrere Stellen beworben, aber es gab nur Absagen. Ich überlebte, indem ich auf Baustellen Handarbeiten verrichtete oder das Gepäck von Reisenden auf dem Rücken trug.

Ich habe etwa 40 USD gespart und dann einen kleinen Kiosk am Strassenrand eröffnet, an dem elektronische Dinge wie etwa Handy-Ladegeräte und Kopfhörer verkauft werden.

So war mein Leben in den vergangenen drei Jahren. Ich wohne noch immer in diesem Kiosk am Straßenrand, weil ich in einem normalen Haus keine Miete zahlen kann.

Obwohl ich mit Herausforderungen konfrontiert bin, wie zum Beispiel etwas Kapital, um das kleine Unternehmen zu erweitern, halten mich die bescheidenen Erträge am Leben, und ich hoffe, dass die Dinge besser werden.

Hoch schätze ich die Chance, die mir vor Jahren das Jugendzentrum gegeben hat. Es hat mich gerettet und mich auf einen guten Lebensweg gebracht hat – auch in Hinsicht meiner Ausbildung.

Patrick Odhiambo Owino.

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