Assefa Addisu: «Hundekäfig» und Bajaj
Asefa Addisu (heute 29) wurde in einem kleinen Dorf namens Telfetit etwa 40 km südlich von Lalibela geboren. Von klein auf trägt er in sich die Vision, sein Leben zu verändern.
Er absolvierte zunächst die Grundschule in seinem Dorf und wie die meisten Kinder aus dem ländlichen Hinterland, musste er von zu Hause weg und kam so nach Lalibela für die weitere Schulbildung. Wie für die meisten ist dies mit unerwarteten Konflikten verbunden. Alle zwei Wochen besuchten ihn die Eltern. Seinen Lebensunterhalt verdient er sich mit dem Sammeln von Brennholz, er bereitet Injeera zu und kocht für sich allein. Assefa wollte aufgeben, vor allem die Schule abbrechen. Das tat er auch. Jetzt findet er eine kleine Aufgabe als Watcher in einer neu errichteten Unterkunft. Der knauserige geizige Besitzer zahlte ihm ein paar Franken monatlich, aus dem nahe gelegenen Restaurant erbettelte sich Assefa ein paar Essensreste. Seine Schlafgelegenheit war ein winziger enger Blechkäfig, der ihm vom Besitzer angeboten wurde. Tagsüber half er aus im Restaurant, nachts bewachte er das Gästehaus. Es war ein harter Job für den aufgeweckten Jungen.
In dieser Situation traf er auf Beatrice Gill, die dort Unterkunft fand. Bekanntlich arbeitete Beatrice, eine Krankenschwester aus dem Berner Inselspital, zusammen mit dem damals Verantwortlichen und Initiator von PBF in Lalibela, Getachew. Welch ein Glück für Assefa: die Begegnung mit Beatrice. Das Leben von Assefa verändert sich schlagartig.
Schockiert, Assefa in diesem Käfig zu sehen, begannen wir uns für das Leben von Assefa zu interessieren. Wir erfuhren von den Erfahrungen, dem ungerechten und unwürdigen Verhalten des Besitzers, einem Onkel von Getachew. Wir hörten von der Motivation Assefa’s die Schulzeit fortzusetzen. Getachew nahm die Anliegen von Assefa auf, sorgte für eine einfache Unterkunft, für Unterhalt und Ausbildung. Am Technical and Vocational College holte sich Assefa während vier Jahren das Rüstzeug, um als Automechaniker tätig zu sein oder in einem Hotelbetrieb zu arbeiten. Doch die Stellenangebote waren und sind auch heute sehr selten. So blieb Assefa während sechs Monaten ohne Anstellung. PBF ermöglichte ihm einen kleinen Laden zu eröffnen an zentraler Lage.
Ein kleines Einkommen ermöglichte ihm den Lebensunterhalt. Es war genug da für die inzwischen entstandene Familie mit zwei Kindern. Erspartes aus dem kleinen Laden reichte für den Bau eines «Daches über dem Kopf», ja sogar für eine Unterstützung der Eltern weit entfernt auf dem Land. Die Kosten wurden grösser, die Konkurrenz zwang Assefa seinen Laden zu verkaufen, da er auch die Miete für den Container nicht mehr aufbringen konnte. Gerade auch an zentraler Lage hat sich Lalibela stark verändert, die Steuern erhöhten sich. Neue Schwierigkeiten standen an für Assefa. Jetzt will er eine neue Geschäftsidee ins Auge fassen.
Lalibela hat sich verändert, vergrössert. Transportmöglichkeiten innerhalb der Stadt haben zahlreiche Perspektiven eröffnet. Neu ist das Tuk-Tuk (Bajaj) aufgekommen und erfreut sich sehr grosser Beliebtheit und Nachfrage. Assefa sieht darin auch für sich eine gewinnbringende Möglichkeit. Durch den Verkauf seines Ladens bleibt ihm etwas Kapital, den Rest erbittet er sich als Kleinkredit von PBF.
Aus den Erfahrungen anderer Bajaj-Besitzer weiss Assefa, dass er wöchentlich einen Nettogewinn von 1750 Birr erzielen kann. Das reicht für die junge Familie, seine Frau, die zwei Kinder, die Eltern und die zwei jüngeren Brüder zuhause auf dem Land.
Nach dem Kauf des kleinen Fahrzeugs setzt Assefa wie gewohnt seine ganze Kraft ein, die Verantwortung für sein eigenes Leben, aber auch auch das anderer zu übernehmen. Doch jetzt kommt die Pandemie Corona und setzt auch in Lalibela neue Grenzen und Vorschriften. Der Einsatz von Bajaj’s wurde während zwei Wochen verboten. Die Ortsverwaltung gestattete dann schliesslich Fahrten mit einem einzigen Passagier, normalerweise sind es drei. Dieser einzelne Passagier muss den dreifachen Preis – als Kompensation – bezahlen! Assefa ist an der Arbeit von sehr früh bis spät am Abend. Sein Verdienst ist monatlich über 7000 Birr (214 Fr.).
Assefa ist jetzt sehr glücklich und lebt mit einer neuen Hoffnung. Er hat sein elendes früheres Leben nicht vergessen als er wie ein Hund in einem Käfig schlafen musste. Uns allen, Beatrice und Getachew, ist er von Herzen dankbar, dass PBF ihm geholfen hat, seinem Leben in so radikaler Weise einen menschenwürdigen Sinn zu geben.
P.B.